Ergotherapie und Demenz

Konzept der Ergotherapie zur Behandlung demenziell erkrankter Menschen

1. Fachkreis Ergotherapie & Demenz, Hamburg

Erstmals im Jahr 2004 trafen sich Ergotherapeutinnen und Ergotherapeuten aus Hamburg, die alle im Bereich Demenzerkrankung tätig waren. Aus diesen Treffen entwickelte sich der Fachkreis Ergotherapie & Demenz, der verschiedene Ziele hat:

  1. Austausch und Hilfestellung untereinander
  2. Fortbildung
  3. Koordination unserer Arbeit im Bereich Ergotherapie bei Demenzerkrankungen und auch die Darstellung in der Öffentlichkeit.

In diesem Zusammenhang ist das „Konzept der Ergotherapie zur Behandlung demenziell erkrankter Menschen“ entstanden. Es ist eine Information für Angehörige, Ärzte, Pflegekräfte und alle Menschen, die für demenziell Erkrankte verantwortlich sind.

Oft wird die Wirksamkeit von Ergotherapie bei demenziellen Erkrankungen, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium, in Frage gestellt und es gibt nur wenige Studien zu dieser Arbeit. Die Erfahrungen der Ergotherapeuten im „Fachkreis Ergotherapie & Demenz“ zeigen, dass es wichtige Ansatzpunkte, positive Wirkungen und Erfolge in der Behandlung demenzieller Erkrankungen durch Ergotherapie gibt. Diese wollen wir mit diesem Konzept darstellen.

2. Ergotherapie

Ergotherapie unterstützt und begleitet Menschen jeden Alters, die in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkung bedroht sind. Die ergotherapeutische Arbeit erfordert Flexibilität sowie die ständige Analyse der Situation und des Erlebens des kranken Menschen und eine daraus resultierende Anpassung des therapeutischen Vorgehens. Hierbei dienen spezifische ausgewählte Handlungen, Mittel und Methoden, Umweltanpassung und Beratung dazu, dem Menschen möglichst weitgehend Handlungsfähigkeit im Alltag und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen und so zum Erhalt und der Verbesserung ihrer Lebensqualität beizutragen. Ergotherapie ist ein medizinisches Heilmittel und wird bei gesundheitlich beeinträchtigten Menschen vom Arzt verordnet oder im vollstationären Bereich über die Träger der Einrichtungen angeboten.

3. Arbeitsbereiche der Ergotherapie

Ergotherapie kann in Ergotherapie-Praxen oder durch „ambulante“ Ergotherapeuten in der Häuslichkeit durchgeführt werden. Dies ist häufig bei beginnender Erkrankung die eigene Wohnung. Ambulante Ergotherapeuten behandeln aber auch Menschen in Pflegeheimen oder Wohngemeinschaften. Oft sind Ergotherapeuten in diesen Einrichtungen angestellt, um direkt vor Ort zu behandeln. Dabei wird überwiegend Gruppenarbeit angeboten, seltener Einzeltherapie. Deshalb kann hier zusätzliche ambulante Einzeltherapie sinnvoll sein. Auch immer mehr Reha-Einrichtungen, Geriatrische oder Neurologische Kliniken sind mit der Problematik der demenziellen Erkrankung konfrontiert und auch hier werden Ergotherapeuten zur Behandlung dieser Patienten eingesetzt.
Wichtig ist, dass ergotherapeutische Behandlungsmethoden für jedes Stadium der demenziellen Erkrankung angeboten werden, von der beginnenden Erkrankung bis hin zur schwersten Form der Immobilität.

Körperwahrnehmung als Grundlage für den ergotherapeutischen Ansatz bei der Behandlung demenziell erkrankter Menschen
Die Körperwahrnehmung ist eine der wichtigsten, elementaren Fähigkeiten des Menschen, um zu existieren und zu überleben. Sie ist auch Grundlage für die Entwicklung seiner kognitiven und emotionalen Fähigkeiten. Körperwahrnehmung entsteht aus dem Zusammenspiel der Aufnahme von Reizen aus Umwelt und Körper und ihrer Verarbeitung im Gehirn. Durch schwere neurologische Störungen kommt es bei fast allen cerebralen Erkrankungen zu Einbußen in diesem Bereich. Dies geschieht auch bei fortschreitender demenzieller Erkrankung. Solche Einbußen können langfristig zu schwerer Immobilität führen.

Sinnesreize sind die Grundlage für das Funktionieren sämtlicher neurophysiologischer Prozesse. Die gezielte dosierte Reizsetzung auf den verschiedenen Ebenen der Sinneswahrnehmung (Gleichgewichtssinn, Lage- und Bewegungssinn, Tast- und Berührungssinn, Sehsinn, Hörsinn, Geruchssinn, Geschmackssinn und Eingeweidesinn) und deren Steuerung sind die Basis der ergotherapeutischen Behandlung bei Menschen mit schwerer und schwerster demenzieller Erkrankung. Dies empfiehlt sich auch beim Umgang mit demenziell erkrankten Menschen mit herausforderndem Verhalten. Dafür ist umfangreiches Fachwissen aus den Bereichen Neurologie, Pädiatrie, Psychiatrie, Orthopädie und Innere Medizin erforderlich.

Um die Körperinformation zu verbessern, bedient sich der ergotherapeutische Ansatz verschiedener Methoden, um Reize gezielt einzusetzen oder zu verstärken. Ein zentraler Bereich sind Informationen über die Hände. Man kann die Bedeutung der Hände daran erkennen, dass ihre „Abbildung“ auf der Gehirnrinde einen besonders großen Raum einnimmt. In der Therapie werden viele Bewegungen genutzt, die den Einsatz der Hände fordern, wie z. B. Klatschen, bei dem die Koordination der Hände erforderlich ist und bei dem man sich zugleich durch die Berührung spürt. Auch der Mundbereich gibt zahlreiche Körperinformationen. Dies zeigt sich auch darin, dass viele Menschen bei zunehmender demenzieller Erkrankung häufig Dinge in den Mund nehmen.

4. Wege, um die Körperinformation zu fördern:

  • Alltagshandlungen
  • kreatives Tun
  • Spiel
  • Musik
  • alle Arten von Bewegung, insbesondere das „Begreifen“.

5. Wahrnehmungsbezogene Behandlungskonzepte

Folgende ergotherapeutische Methoden sind bei der Arbeit mit demenziell Erkrankten üblich:

  • Sensorische Integrationstherapie
  • Basale Stimulation
  • Führen nach Affolter
  • Bobath-Konzept
  • Kinästhetik.

Alle Konzepte haben den gleichen Ursprung, doch die Wahrnehmung ist sehr vielschichtig, so dass es unterschiedliche Behandlungsansätze gibt. Da die Methoden für andere Erkrankungen entwickelt wurden, müssen sie in der Behandlung demenziell Erkrankter abgewandelt werden.

6. Ziele der Ergotherapie

Konkrete Ziele ergeben sich aus dem Krankheitsstadium, in dem sich der betroffene Mensch befindet.

6.1. Ziele bei beginnender Erkrankung:

6.1. a) Die noch vorhandenen kognitiven Fähigkeiten sollen möglichst lange erhalten und eingesetzt werden (nicht überfordern, Negativerlebnisse vermeiden).
6.1. b) Das Langzeitgedächtnis soll durch Biographie- und Erinnerungsarbeit stabilisiert werden (Kurzzeitgedächtnis wird schnell beeinträchtigt).
6.1. c) Die Orientierung soll gestützt werden.
6.1. d) Die Stimmung soll positiv beeinflusst werden.
6.1. e) Die Körperwahrnehmung soll vorbeugend stabilisiert werden.

6.2. Ziele für das fortgeschrittene Stadium:

6.2.1 Das wichtigste Ziel ist die Erhaltung und Förderung der Körperwahrnehmung. Der demenziell Erkrankte soll sich möglichst lange noch selbst spüren.
6.2. b) Unruhe und Ängste sollen abgebaut werden.
6.2. c) Herausforderndes Verhalten soll positiv beeinflusst werden.
6.2. d) Der drohenden Gelenkversteifung, vor allem an Händen und Armen soll vorgebeugt werden (Kontrakturenprophylaxe).
6.2. e) Stürzen soll vorgebeugt werden (Sturzprophylaxe).
6.2. f) Positive Beeinflussung von Essstörungen und Problemen bei der Nahrungsaufnahme.
6.2. g) Der hohe Muskeltonus soll gesenkt werden.
6.2. h) Die Sprache soll angeregt werden, z.B. durch rhythmisches Sprechen.
6.2. i) Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit sollen verbessert werden.
6.2. j) Verbesserung und Erhalt sowie intensive Förderung noch vorhandener Kommunikationspotentiale.
6.2. k) Positive Beeinflussung des Sozialverhaltens.

Die Hauptziele werden nun unter folgender Fragestellung betrachtet : Was kann Ergotherapie leisten? Was kann Ergotherapie konkret tun? Warum und wie wirkt die Therapie?

  1. Kognitive Ressourcen nutzen
  2. Herausforderndes Verhalten beeinflussen
  3. Nahrungsaufnahme verbessern
  4. Kontrakturen vorbeugen (primär in den Händen)
  5. Stürze verhindern
  6. Vorhandene Kommunikationspotentiale einsetzen lassen

1. Kognitive Ressourcen nutzen
Die Kognition besteht aus verschiedenen Bereichen, die miteinander vernetzt sind: Gedächtnis (Sofort-, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis), Aufmerksamkeit und Konzentration, Reaktionsgeschwindigkeit bzw. Reizverarbeitung, Sprache, abstraktes bzw. logisches Denken, Handlungsplanung und Ausführung von Handlungsabfolgen, Orientierung zur Person, zur Situation, im Raum und in der Zeit. Hinzu kommen die Kulturtechniken wie Rechnen, Schreiben und Lesen.

a) Was kann Ergotherapie leisten?

Ergotherapie verfolgt das Ziel, die verbliebenen kognitiven Fähigkeiten länger zu erhalten und zu nutzen. Die Fähigkeit, das Kurzzeitgedächtnis einzusetzen, geht verloren und kann nicht zurückgewonnen werden. Das Langzeitgedächtnis kann noch lange eingesetzt und gefördert werden. Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit können durch gezielte Angebote unterstützt werden. Das abstrakte oder logische Denken und damit die Handlungsplanung und -durchführung, die Reaktionsgeschwindigkeit, die Sprache und Orientierung können durch Ergotherapie bei beginnender Erkrankung positiv beeinflusst werden. Aus dem Bereich der Kulturtechniken bleibt die Lesefähigkeit am längsten erhalten, ohne dass der Wortsinn immer erfasst werden kann. Sie kann ebenfalls in der Ergotherapie als Mittel genutzt werden. Die Buchstaben und Wortbilder sind im Langzeitgedächtnis gespeichert und können als Automatismen abgerufen werden. Auf diese Weise wird die Sprache des Betroffenen gefördert, ihm Freude bereitet und ein Erfolgserlebnis vermittelt.

b) Was kann Ergotherapie konkret tun?

Die Ergotherapie setzt Biographiearbeit und gezielte Anregung von Erinnerungen ein. Sie arbeitet spielerisch, möglichst in Gruppen, beispielsweise mit Liedern, Bildern, Schrift und Bewegungen, die eine Beziehung zu dem demenziell Erkrankten herstellen. Es geht um „Begreifen“ und Spüren. So wird das Langzeitgedächtnis genutzt, die Aufmerksamkeit und Konzentration durch wechselnde Methoden und Mittel erhöht und die Orientierung zur eigenen Person länger erhalten. Besonders wichtig ist dabei, auch in der Einzeltherapie, die körperliche Bewegung, wie z.B. das Klatschen und Ball spielen. Ein Schwerpunkt der Ergotherapie ist die Förderung von gespeicherten Handlungen. Soweit es möglich ist, werden vor allem bei beginnender und mittlerer Erkrankung Aktivitäten des täglichen Lebens (ADLs) gefördert, wie Haare kämmen, Schuhe anziehen, Tisch decken und andere Tätigkeiten, die zwar eine Handlungsplanung voraussetzen, aber im Langzeitgedächtnis gespeichert sind. Neben der positiven Einflussnahme auf die kognitiven Fähigkeiten geht es dabei vor allem um die Körperwahrnehmung, da sie die Grundlage für jede Art von Aktivität ist. Die kognitiven Fähigkeiten nehmen ab, die Körperwahrnehmung kann jedoch länger positiv beeinflusst werden.

c) Warum und wie wirkt die Therapie?

Es wird eine komplexe Therapie durchgeführt, in der alle noch vorhandenen Fähigkeiten, also nicht ausschließlich die kognitiven, eingesetzt werden. Durch die angebotenen Arbeitsmaterialien werden Körperinformationen (z.B. durch Gewicht und Oberflächenbeschaffenheit) vermittelt, wodurch der Mensch sich besser spüren kann, und gleichzeitig wird durch die Inhalte das Langzeitgedächtnis angesprochen. Dafür werden beispielsweise schwere Mappen, Bilder oder Gegenstände eingesetzt. Beim Fortschreiten der demenziellen Erkrankung wird die Kognition weiter reduziert und es kommt zusätzlich schon im mittleren Stadium, besonders jedoch im schweren Stadium zu einem zunehmenden Verlust der Körperwahrnehmung und meist zu einem stark erhöhten Muskeltonus. Deshalb ist es schon bei beginnender und mittlerer Erkrankung wichtig, darauf zu achten, dass der erkrankte Mensch viele Körperinformationen erhält. Das hat zudem positive Auswirkung auf die Stimmung und Konzentrationsfähigkeit.

2. Herausforderndes Verhalten beeinflussen:
Herausforderndes Verhalten wird oft als aggressives Verhalten bezeichnet. Es tritt bei demenziell erkrankten Menschen häufig auf. Dabei richtet sich dieses Verhalten manchmal gegen den eigenen Körper, manchmal gegen andere Menschen oder Dinge.

a) Was kann Ergotherapie leisten? Ergotherapie kann herausforderndes Verhalten beeinflussen. Sie geht auf die Psyche und das Verhalten des kranken Menschen ein. Auch hier ist wieder besonders auf gezielte Reize für die Körperwahrnehmung zu achten. Außerdem kann die Ergotherapie mithelfen, das Umfeld den Bedürfnissen des Erkrankten anzupassen und zu gestalten.

b) Was kann Ergotherapie konkret tun? Durch Einzel-oder Gruppentherapie wird die Stimmung beeinflusst und positives Erleben vermittelt. Es wird auf die noch vorhandenen Fähigkeiten des einzelnen Menschen eingegangen. Im Gruppengeschehen werden Themen vermittelt, die alle Teilnehmer ansprechen. Zusätzlich wird hier über Bewegungen wie Klatschen, Hände schütteln, Arme heben, auf den Tisch klopfen usw. die Körperwahrnehmung gesteigert. Herausforderndes Verhalten in Form von Autostimulation (beißen, Zähne knirschen) kann durch gezielte Angebote äußerer Stimulation, beispielsweise durch Igelbälle oder Vibrationskissen, positiv beeinflusst werden. Ein anderes herausforderndes Verhalten besteht darin, dass sich die Betroffenen auf den Boden gleiten lassen. Hier kann z.B. durch die Behandlung der Fußsohlen das Verhalten geändert werden.

c) Warum und wie wirkt die Therapie? Herausforderndes Verhalten kann durch ein psychisches Problem oder eine psychiatrische Erkrankung entstehen, aber auch durch den Verlust der Körperwahrnehmung. Wenn der eigene Körper nicht mehr richtig gespürt wird, macht dies Angst. Es kommt deshalb bei vielen demenziell erkrankten Menschen zu Autostimulationen und Fehlhandlungen, die bis zu Verletzungen führen können. Wenn sowohl in der Einzeltherapie als auch in der Gruppe bewusst Körperinformationen gesetzt werden, damit der kranke Mensch sich spüren kann, wird er etwas von seiner Angst verlieren. Dadurch kommt es zum Nachlassen von Aggression und Autostimulation.

3. Verbesserung der Nahrungsaufnahme
a) Was kann Ergotherapie leisten?
Die Fähigkeit, selbstständig zu essen und zu trinken soll durch die Therapie so lange wie möglich erhalten bleiben. Durch Anbahnen und Förderung von Bewegungen wird das selbstständige Essen länger erhalten. Dadurch wird das später erforderliche Reichen der Nahrung heraus gezögert. Dies bringt auch einen längeren Erhalt der Beweglichkeit in den oberen Extremitäten mit sich. Inhalt der ergotherapeutischen Behandlung kann auch Schluckstimulation sein, wobei dies aber vorrangig Aufgabe der Logopädie ist. Durch Gespräche und Beratungen vermitteln die Ergotherapeuten den Pflegekräften und den Angehörigen Hintergrundwissen, warum der demenziell erkrankte Mensch keine Nahrung zu sich nimmt.

b) Was kann Ergotherapie konkret tun? Die Ergotherapie schafft Bedingungen, die dem Patienten die Nahrungsaufnahme erleichtern. Dabei wird zunächst geklärt, wo und wie der Betroffene sitzt. Da demenziell Erkrankte zumeist schnell ablenkbar sind, ist eine ruhige Atmosphäre sinnvoll. Außerdem soll eine möglichst physiologische Körperhaltung eingenommen werden. Die Nahrung wird den Fähigkeiten des Kranken angepasst. Durch das Führen der Arme wird die Aufmerksamkeit auf das Essen gelenkt. Die Ergotherapeutin gibt gezielte Impulse durch das Berühren und Führen von Arm und Hand, um durch diese Stimulation automatisierte Handlungsabläufe abzurufen. Über die Basale Stimulation im Sinne von Riechen, Schmecken und Fühlen nimmt der Erkrankte sich selbst und die Umwelt, besonders die Nahrung, besser wahr. Durch schweres Besteck und schweres Geschirr erhält der demenziell Erkrankte stärkere Spürinformationen. Hilfsmittel wie eine Tellerranderhöhung, eine Anti-Rutschmatte für den Teller oder ggf. verdickte Griffe für das Besteck können eingesetzt werden. Aufgrund ihres Fachwissens ermittelt die Ergotherapeutin den Bedarf an Hilfsmitteln und passt diese individuell an.

c) Warum und wie wirkt die Therapie? Bei einer demenziellen Erkrankung kommt es zunehmend zu Einbußen in der Körperwahrnehmung. Durch eine korrekte Sitzhaltung und die vorangegangene Spürinformation fühlt ein an Demenz erkrankter Mensch wieder besser, wie er sich mit seinem Körper im Raum befindet. Dadurch kommt es zu einer Verbesserung des Bewegungsablaufes und der Koordination zwischen Hand und Mund. Durch den Körperkontakt mit der Therapeutin beim Führen wird die Körperwahrnehmung verbessert und gespeicherte Bewegungsmuster können wieder leichter abgerufen werden. Bei einer demenziellen Erkrankung wird die Aufmerksamkeit sehr reduziert. Durch eine ruhige Atmosphäre beim Essen wird der Erkrankte nicht abgelenkt. Schwere Gegenstände geben bessere Körperinformationen als leichte, deshalb können sie besser in der Hand gehalten werden. Darum sind schwere Bestecke und Gläser statt beispielsweise Plastikbecher für den Demenzkranken sinnvoll.

4. Kontrakturen (Gelenksversteifungen) vorbeugen (primär in den Händen)
a) Was kann Ergotherapie leisten? Im fortgeschrittenen Stadium einer Demenzerkrankung werden die Finger zunehmend gebeugt gehalten. Im Verlauf kommt es häufig zu Kontrakturen der Finger. Später können alle Gelenke betroffen sein. Hier kann durch Ergotherapie der fortschreitende Prozess der Bildung von Kontrakturen verlangsamt oder vorrübergehend aufgehalten werden.

b) Was kann Ergotherapie konkret tun? Damit die Hände sich nicht weiter schließen, achtet die Therapeutin frühzeitig darauf, dass sie Gegenstände zum Greifen anbietet und Bewegungen durchführen lässt, die die Handöffnung fördern, wie z. B. das Klatschen in die Hände und auf den Tisch. Außerdem werden automatisierte Bewegungen angeregt, wie z.B. die Hand geben zum Begrüßen.

c) Warum und wie wirkt die Therapie? Die Hände brauchen vielfältige gezielte Informationen, um diese an den gesamten Körper weitergeben zu können („etwas begreifen“). Dies geschieht durch ein Wechselspiel der Wahrnehmung von außen und dem Körper. Wenn die Hände nicht mehr adäquat eingesetzt werden, kann nur wenig Information an den Körper weitergeleitet werden. Auch die Informationen über die Füße sind wichtig für die Körperwahrnehmung. Oft können demenziell erkrankte Menschen aber noch gehen, wenn die Funktion der Hände schon eingeschränkt ist.

5. Stürze verhindern
a) Was kann Ergotherapie leisten? Mit zunehmender Erkrankung steigt die Gefahr von Stürzen durch verschiedene Faktoren, wie erhöhter Muskeltonus, Gleichgewichts- und Wahrnehmungsstörungen. Deshalb wird im Rahmen der Ergotherapie auch Sturzprophylaxe durchgeführt. Stürze haben für jeden alten Menschen erhebliche Folgen, aber gerade bei einer Demenzerkrankung sind die Folgen besonders gravierend. So kann es durch die Narkose und die Operation bei einer Schenkelhalsfraktur zu einem „Demenzschub“ kommen.

b) Was kann Ergotherapie konkret tun? Stürze passieren häufig durch Unebenheiten sowohl in der Wohnung als auch im Freien. Deshalb ist es Aufgabe der Ergotherapie, eine „Wohnraumanpassung“ durchzuführen. In der Wohnung achtet sie auf Stolperfallen, wie z.B. kleine rutschende Teppiche und andere Gefahrenquellen. Gemeinsam mit Betroffenen und/oder Angehörigen versucht sie Lösungen anzubieten. Schuhwerk wie „Schlupfpantoffeln“ sind gefährlich und können ebenfalls zu Stürzen führen. Auch die Unsicherheit im Körpergefühl bei steigendem Muskeltonus kann zu Stürzen führen. Hier hilft Ergotherapie durch Übungen für die Körperwahrnehmung und Motorik. Der erkrankte Mensch kann beispielsweise während der Therapie über Fußmatten und Teppiche mit verschiedenen Strukturen barfuß gehen. Dafür können auch Wege, die mit Steinen, Sand und Rasen abwechselnd belegt sind, genutzt werden. Schunkeln, Tanzen und das Bewegen schwerer Gegenstände, wie z.B. Hanteln, geben viel Körperinformation. Diese Angebote verhelfen den Betroffenen zu mehr Sicherheit. Auch Massagegeräte und Igelbälle werden zur Stimulation des Körpers über die Fußsohlen eingesetzt. Durch Beratung der Angehörigen können Schutzmaßnahmen getroffen werden. Außerdem ist die Ergotherapie für die Anpassung, Beratung und Erprobung von Hilfsmitteln zuständig. Hilfsmittel wie z.B. Schutzhelme, Trochanterschutzhosen oder Gehhilfen, wie ein Rollator, werden zur Sturzprophylaxe eingesetzt.

c) Warum und wie wirkt die Therapie? Der Mensch benötigt zum aufrechten Gang das Spüren seines Körpers und der Körpermitte. Durch den zunehmenden Muskeltonus verändert sich die Wahrnehmung für den Körper. Der betroffene Mensch neigt sich z.B. beim Gehen zur Seite und kann dadurch schnell das Gleichgewicht verlieren. Dies kann mit Hilfe der genannten therapeutischen Maßnahmen beeinflusst werden. Die Stellung des Körpers im Raum wird besser wahrgenommen, dem Muskelabbau entgegengewirkt und damit auch die Sturzgefahr reduziert.

6. Vorhandene Kommunikationspotentiale einsetzen
a) Was kann Ergotherapie leisten? Der Mensch ist auf ein Leben in Gemeinschaft ausgerichtet, auch in seiner Demenzerkrankung. Der demenziell erkrankte Mensch ist aber in seiner Welt teilweise isoliert und nimmt die Menschen um sich herum verändert oder nur partiell wahr.

b) Was kann Ergotherapie konkret tun? Gruppenaktivitäten werden in der Ergotherapie besonders gefördert. Dabei bieten sich Kommunikationsmöglichkeiten beispielsweise in Mobilisationsgruppen, wie auch in Tanz- oder Gesprächsnachmittagen. Die erkrankten Menschen nehmen dabei wahr, dass es Menschen neben ihnen gibt und freuen sich darüber, kommunizieren zu können. Inhalt dieser Gruppen sind u. a. auch biographisch wichtige Ereignisse, welche Erinnerungen auslösen und zu Gesprächen führen können. So lässt die Ergotherapie Kommunikation entstehen, die oft verloren zu sein scheint. Bei Personen, die nicht sprechen können, fördert die Therapeutin durch das gezielte Aktivieren der Sinne eine nonverbale Kommunikation, die durch Gestik, Mimik oder veränderte Körperanspannung des Erkrankten entschlüsselt werden kann. Freude, Leid oder Angst können so durch die Therapeutin wahrgenommen und in den Therapieprozess integriert werden. Besonders wichtig ist dabei der Blickkontakt. Ziel der ergotherapeutischen Behandlung ist eine verbesserte Kommunikation während und möglichst auch nach der Therapie. Zur ergotherapeutischen Intervention gehört das Beraten der Angehörigen über Kommunikationsstrategien, um mit dem Erkrankten besser in Kontakt zu kommen.

c) Warum und wie wirkt die Therapie? Durch ein gemeinsames Thema innerhalb der Gruppe, durch Weitergeben von Gegenständen an den Nachbarn, gemeinsames Singen, Klatschen, Anfassen und das rhythmische Sprechen, z.B. von Sprichwörtern kommt es zur Kommunikation über alle Sinne.

7. Aufgaben außerhalb des direkten therapeutischen Kontaktes mit den Erkrankten

1. Angehörigenarbeit
Besonders wichtig ist die Einbeziehung und Betreuung von Angehörigen oder anderen Bezugspersonen. Es geht um Beratung bei schwierigen Situationen und Hilfestellung. Auch hierzu werden konkrete Ziele formuliert: – Erhalt des Gesundheitszustandes des Angehörigen – sowohl physisch als auch psychisch – Verbesserung der Kompetenz der Angehörigen im Umgang mit den demenziell erkrankten Menschen – Hilfestellung bei der Umfeldgestaltung und Wohnraumanpassung bei häuslicher Pflege – Entwicklung von alternativen Verhaltensstrategien – Abbau von Schuldgefühlen, insbesondere wenn eine Heimunterbringung notwendig wird – Verbesserung und Ermöglichung von Lebensqualität trotz der Betreuung der kranken Menschen

2. Weitere Tätigkeiten: – Ergotherapeutische Befunderhebung – Ergotherapeutische Anamneseerhebung (Akten, Angehörigenbefragung ) – Erstellung eines Behandlungsplanes – Vor-und Nachbereitung der Therapie (inhaltlich und organisatorisch) – Anfertigung und Einkauf von Therapiemitteln – Dokumentation therapeutischer Prozesse und Beobachtungen – Mitgestaltung der räumlichen Atmosphäre – Kontakt zu Ärzten – Teilnahme an Fallbesprechungen und Besprechungen in Einrichtungen (Übergabe, Mitarbeiterbesprechungen) – Teilnahme an Teamentwicklungsmaßnahmen (Teamsupervision) – Mitarbeit bei Konzeptentwicklung (für Fachgruppe Ergotherapie, aber auch für Abteilungen) – Teilnahme an Fachkreistreffen der Ergotherapeuten – Fachspezifische Beratung von Mitarbeiterinnen und Angehörigen in Form von Fortbildungen, Informationsveranstaltungen und Gesprächen – Teilnahme an Fort- und Weiterbildungen – Anleitung und Betreuung von Praktikantinnen / Hospitantinnen

Qualitätssicherung in der Ergotherapie
Im Verlauf der ergotherapeutischen Arbeit unterziehen sich die Ergotherapeuten einer ständigen Weiterbildung, die der Qualitätssicherung ihrer Arbeit dient. Dazu gehören der Austausch in Fachkreisen, fachspezifische Fortbildungen, Anfertigung und Bearbeitung von Dokumentation, sowie Austausch in multiprofessionellen Teams. Häufige Fallbesprechungen unter Einbeziehung externer fachspezifischer Supervision ergänzen notwendige Maßnahmen zur Qualitätssicherung. Der Schaffung angemessener Rahmenbedingungen zur Durchführung ergotherapeutischer Maßnahmen (Räumlichkeit, Ausstattung) muss ebenfalls große Aufmerksamkeit geschenkt werden.

8. Zusammenarbeit der Ergotherapeuten im multiprofessionellen Team

Die Ergotherapeutin ist bei der Betreuung demenziell erkrankter Menschen fester Bestandteil des multiprofessionellen Teams, das aus Pflegekräften, Physiotherapeuten, Musiktherapeuten, Logopäden, Sozialarbeitern, Ärzten und anderen Berufsgruppen bestehen kann. Sie bringt sich z.B. in Einrichtungen mit ihrem fachspezifischen Auftrag in das Grundkonzept ein. Dies erfordert die regelmäßige Teilnahme an Besprechungen zum Austausch von Informationen und Beobachtungen mit dem Ziel, gemeinsame Handlungsstrategien zu entwickeln und umzusetzen sowie Absprachen zu treffen bezüglich der Integration der Therapie in den Abteilungsalltag.

9. Schnittstellen und Unterschiede zu anderen Professionen

Die Pflege – Der wichtigste Partner im Zusammenhang mit der Therapie bei demenziell erkrankten Menschen sind die Pflegenden. Es können Angehörige sein, ambulante Pflegekräfte oder Pflegekräfte in der stationären Einrichtung. Ohne diese kann keine Therapie stattfinden. Allerdings ist der therapeutische Ansatz an manchen Stellen anders, als der pflegerische Ansatz. So ist z.B. der pflegerische Ansatz beim Essen, dass die erforderliche Nahrung eingenommen wird. Der ergotherapeutische Ansatz zielt auf Hilfe zur möglichst eigenständigen Bewegung und Nahrungsaufnahme.

Musiktherapie – Beide Therapieformen setzen Musik ein. Sie unterscheiden sich aber im Ansatz. Musiktherapie hat einen psychotherapeutischen Ansatz, Ergotherapie nutzt die Musik, um die Menschen in Bewegung zu bringen. Beide bedienen sich des Langzeitgedächtnisses, in dem die Erinnerung an Musik gespeichert ist.

Physiotherapie – Hier steht der funktionelle Ansatz für Bewegung und Beweglichkeit, wie z.B. Durchbewegen der Gelenke, Gangschulung, Kontrakturprophylaxe im Vordergrund. In der Ergotherapie ist die Bewegung ein wichtiger Baustein neben anderen für die Erreichung meist komplexer Ziele. Die Physiotherapie benutzt weniger Alltagsmaterialien, die Ergotherapie bedient sich dagegen des handlungsorientierten Ansatzes. Durch den Alltagsbezug findet sie einen Zugang zur Eigenmotivation, dem inneren Antrieb des Patienten und fördert seine Ressourcen. Ergotherapie führt zwar auch Sturzprophylaxe durch, dies ist aber ebenfalls Aufgabe der Physiotherapie. Hier treffen sich die Aufgabengebiete von Ergotherapie und Physiotherapie.

Logopädie – Beide Professionen beschäftigen sich u. a. mit Störungen der Nahrungsaufnahme. Die Logopädie setzt ihren Schwerpunkt auf die Verbesserung der Mundmotorik und des Schluckvorgangs, der aber bei Demenzerkrankten nicht isoliert gestört ist. Die Ergotherapie ist vor allem gefragt, weil es sich um komplexe Störungen der Wahrnehmung im Mund und im ganzen Körper und des Erkennens der Nahrung handelt. Sie nutzt dabei unter anderem den Abruf automatisierter Handlungsabläufe.

10. Abgrenzung der Ergotherapie zur allgemeinen Betreuung

Ehrenamtlich Tätige, geringfügig vergütet Angestellte und Andere leisten im Bereich der Betreuung demenziell Erkrankter wertvolle Arbeit. Eines ihrer wichtigsten Anliegen ist die Schaffung einer Atmosphäre des Wohlfühlens sowie die Entlastung der Pflegenden. Der unterschiedliche Wissensstand und Ausbildungshintergrund dieser Betreuungskräfte kann sowohl zur eigenen Überforderung als auch zur Überforderung des demenziell erkrankten Menschen führen. Fehlende Kenntnisse über Rahmenbedingungen, wie beispielsweise Gruppengröße, aber auch die „Aktivierung um jeden Preis“ kann Fehleinschätzungen und Stresssituationen bei allen Beteiligten zur Folge haben. Qualifizierte Betreuung trägt maßgeblich zur Steigerung der Lebensqualität des demenziell Erkrankten bei und fördert die Teilhabe am sozialen Leben. Aus diesem Grund ist eine Begleitung und Coaching für die betreuenden Personen durch die Ergotherapeutin sinnvoll.

11. Verordnung von Ergotherapie

Ergotherapie wird vom Hausarzt oder vom Facharzt (Neurologe, Psychiater, …) verordnet. Sie zählt wie Physiotherapie, Krankengymnastik und Logopädie zu den so genannten Heilmitteln. Diese sind auf einem sehr niedrigen Niveau budgetiert. Jeder Arzt wird zunächst versuchen, dieses Budget einzuhalten. Bei Überschreitung muss er diese begründen, was manche Ärzte davon abhält, Ergotherapie zu verordnen, obwohl sie sie für sinnvoll halten. Bei plausibler Begründung wird die Budget-Überschreitung als „Praxisbesonderheit“ anerkannt und führt nicht zu einem Regress.

Die Verordnung richtet sich nach dem Heilmittel-Katalog, der die Krankheiten oder Störungen, die dabei zugelassenen Therapieformen und ihre übliche Anzahl festlegt. Der Arzt entscheidet nach Art der vorherrschenden Störung, im Idealfall in Absprache mit der Ergotherapeutin, welche Therapieformen er verordnet. Auch dafür ist ein Therapiebericht sinnvoll.

– Verordnung im Regelfall: Erstverordnung: 10 Behandlungen; jede weitere Verordnung a 10 Behandlungen bei derselben Diagnose gilt als Folgeverordnung. Der Regelfall umfasst bis zu 40 Behandlungen. Wenn mindestens 12 Wochen seit der letzten Behandlung vergangen sind, beginnt ein neuer Regelfall.

– Eine Verordnung außerhalb des Regelfalls ist möglich, wenn das Therapieziel mit der Verordnungsmenge im Regelfall nicht erreicht wurde. Für die Verordnung außerhalb des Regelfalles sind eine medizinische Begründung sowie eine prognostische Einschätzung durch den Arzt notwendig, wie z.B.: „langsamer Therapiefortschritt – Medikamente wenig wirksam“, „Erhalt von Funktionen bei progredienter Erkrankung“, „Rückschlag nach interkurrenter Erkrankung / stationärer Behandlung“, „Kontinuierliche Behandlung zum Erhalt der Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) erforderlich“, „guter Erfolg – teilweise Verbesserung erreicht“, „gute Prognose u. Therapiefähigkeit für weitere Behandlung im häuslichen Umfeld“.

– Therapieziele können z.B. sein: Besserung oder Erhalt der Alltagskompetenzen und der (teilweisen) Selbstversorgung/ADL, der körperlichen Beweglichkeit und Geschicklichkeit, der (Körper-) Wahrnehmung, der Belastungsfähigkeit und der Ausdauer. Besserung im Verhalten und in der zwischenmenschlichen Beziehung, der Stimmung und Zufriedenheit, des Tag-Nacht-Rhythmus, der Tagesstruktur durch Beratung der Angehörigen.

– Heilmittel nach den Vorgaben der Heilmittel-Richtlinien bei Demenz: Ergotherapie kann verordnet werden als a) Sensomotorisch-perzeptive Behandlung (nur bei „EN2“ – s. unten) oder b) Psychisch-funktionelle Behandlung, daneben auch als c) Hirnleistungstraining/neuropsychologisch orientierte Behandlung.

– Der Indikationsschlüssel ergibt sich aus Diagnose bzw. Diagnosegruppe gemäß Heilmittel-Richtlinien. Üblich bei Demenz sind „EN2“ und „PS5“.

EN2 (Erkrankungen des Nervensystems im Erwachsenenalter) Leitsymptomatik, Befunde: Einschränkung der Beweglichkeit, Geschicklichkeit, der Selbstversorgung und Alltagsbewältigung, in der zwischenmenschlichen Interaktion, im Verhalten; Störung der Körperhaltung, Körperbewegung und Koordination, der Wahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung, der geistigen und psychischen Funktionen/Stimmungen, der kognitionsstützenden und höheren kognitiven Funktionen wie: Aufmerksamkeit, Konzentration, Ausdauer, psychomotorisches Tempo und Qualität, Handlungsfähigkeit und Problemlösung.

PS5 (Organische/symptomatische psychische Störungen -Dementielle Syndrome) Leitsymptomatik, Befunde: Einschränkung im Verhalten, in der Selbstversorgung, in der zwischenmenschlichen Interaktion, der kognitiven Fähigkeiten, der Beweglichkeit und Geschicklichkeit; Störung der Merkfähigkeit und des Kurzzeitgedächtnisses, der Orientierung zu Ort, Zeit und Person, der psychomotorischen Funktionen, des Schlaf-Wach-Rhythmus.

– Der Therapiebericht kann für den Arzt wichtig sein, um den Erfolg und die Prognose der Therapie einzuschätzen, insbesondere bei Überschreitung des Regelfalls, s. oben.

– Ergotherapie kann als Einzel-oder als Gruppentherapie verordnet werden.

– Ein Hausbesuch kann nur aus (zwingenden) medizinischen Gründen verordnet werden. Als Hausbesuch gelten alle Behandlungen im Wohnumfeld des Patienten, egal ob eigene Wohnung oder Zimmer im Heim.

– Die Therapiefrequenz gemäß Heilmittelkatalog ist mindestens 1 x pro Woche; zu empfehlen ist aber meist 2 x pro Woche.

– Gebührenbefreiung kann bei der Krankenkasse beantragt werden.

12. Schlussgedanken

Die Ergotherapie gehört zu der Gruppe der Heilberufe, sie ist eine ganzheitliche Therapieform und beruht auf medizinischen und psychosozialen Grundlagen. In der Ergotherapie sind die fachliche Ausbildung und damit das fundierte Wissen über Körperfunktionen und Körperstrukturen entscheidend für die Durchführung der Therapie. Therapie ist immer zielgerichtet. Für die ergotherapeutische Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen liegen noch relativ wenige Erfahrungen vor. Es wäre wünschenswert, weitere Studien zur Wirksamkeit dieser Arbeit, vor allem bei schwerer demenziell erkrankten Menschen, durchzuführen. Wichtig ist auch zu erkennen, dass die ergotherapeutischen Therapiemöglichkeiten an ihre Grenzen kommen können. Hier muss man sehr genau abwägen, ob die Therapie dem kranken Menschen Hilfe bringt oder ihn belastet. Diese Einschätzung hängt von dem Einfühlungsvermögen und der Beobachtungsgabe der Therapeutin ab. Das hier vorgelegte Konzept fasst einen gegenwärtigen Erfahrungs- und Wissensstand im Fachkreis Ergotherapie & Demenz, Hamburg, zusammen und bietet insofern eine Diskussionsgrundlage.

AutorInnen:
Khalid Al-Dabagh Ann-Kathrin Blank Dorothee Danke Julia Daut Franca Eckinger Astrid Freitag Daniela Göbel Sarah Heib Doris Jorasch Roswitha Klaassen Eva Knur Simone Kraus-Hübner Theresa Matzat Anne Petzold Johanna Radenbach Gudrun Schaade Wiebke Schmidt Ira Stamm Susanne Volkmann Florina von Rath Martina El Haouzi Nana Mundhenk Renate Finger

Mit freundlicher Genehmigung aus dem Fachkreis Ergotherapie und Demenz, Hamburg.

13. Impressum

Fachkreis Ergotherapie & Demenz, Hamburg
Kontakt: Gudrun Schaade, gudrun@schaade.de Dorothee Danke, dorothee.danke@gmx.de
Hamburg, September 2010

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